Stellungnahme Landtag: FlüAG (Flüchtlingsaufnahmegesetz)

Hier eine Stellungnahme von Bernd Essler (AfD Fraktionsvorsitzender Stadtrat Düren) für den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen (Landtag NRW):

Die Kommunen bei der Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten wirksam stärken –
FlüAG-Kostenpauschale endlich erhöhen und Perspektiven für Geduldete schaffen.
Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Drucksache 17/5223

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrter Herr Körfges, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

Vielen Dank für die Einladung zur Anhörung an dieser Ausschusssitzung und der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme, die wir gerne wahrnehmen. Eine persönliche Sitzungsteilnahme ist uns diesmal leider aus terminlichen Gründen nicht möglich, was wir sehr bedauern.

Die Kommunen in NRW sind seit vielen Jahren mit direkten und indirekten Kosten belastet, die ihnen durch die Aufnahme von Migranten entstehen oder entstanden sind, und zwar unabhängig von deren Aufenthaltsstatus. Diese Kosten werden bisher nur teilweise ersetzt durch eine Pauschalisierungsregelung im Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW (FlüAG).

Bestimmte Kosten werden den Kommunen nach dieser unzureichenden Regelung gar nicht erstattet. Das sollte für die Zukunft abgestellt werden und für die Vergangenheit (2015-2019) sollte ein angemessener Ausgleich gezahlt werden. Infolgedessen bedarf es einer umfassenden gesetzlichen Neuregelung.

Der wissenschaftliche Bericht empfiehlt eine Anhebung der Pauschale differenziert nach kreisangehörigen und kreisfreien Städten, und zwar Sätze, die deutlich über den
gegenwärtigen Pauschalen liegen. Allerdings sind diese Vorschläge unzureichend und überdies nur teilweise sachgerecht.

Wir fordern eine Neuregelung für die Zukunft, die nicht nur die direkten Kosten der Kommunen abdecken, sondern auch alle indirekten Kosten (Personal- und Sachkosten), die in Konnexität zu der Aufgabenstellung bei den Kommunen entstehen oder entstanden sind, für die Vergangenheit durch eine Erstattung eine Erstattung des in den Haushaltsjahren 2015-2019 entstandenen Aufwands.

Mit diesen Modifikationen sollte der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützt werden, wobei der Pauschalisierungsansatz nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen noch einer intensiven Untersuchung bedarf. Gerade bei den indirekten Kosten sind den Kommunen aufgrund der individuellen Verhältnisse unterschiedlich hohe Kosten entstanden, so dass möglicherweise eine Pauschalisierung unangemessen ist. Vielmehr ist eine individuelle Abrechnung durch Vorgabe konkreter Aufwandspositionen für die Berechnung sachgerechter.

Erstattung aller Aufwendungen durch Wahrung des Konnexitätsprinzips

Alle bisher erhobenen Daten zu den direkten Kosten der Kommunen basieren auf Erhebungen bei beispielhaft angesprochenen Kommunen mit einer großen Bandbreite an
Erkenntnissen und Leistungen, je nach dem wie differenziert diese Zahlen bei den jeweiligen angefragten Kommunen im Rechnungswesen hinterlegt worden sind. Schon da zeigt sich die Notwendigkeit der Anpassung um einen Betrag von ca. 6.000 € bei kreisfreien Städten und ca. 600 € bei kreisangehörigen Städten.

Warum diese Differenzierung zwischen kreisangehörig und kreisfrei gemacht wurde, erklärt sich nur aus der unterschiedlich hohen direkten Kostenbelastung, weil manche Leistungen bei kreisangehörigen Kommunen durch den Kreis und nicht durch die Kommune erbracht wurden. Das ist jedoch keine Rechtfertigung für eine differenzierte Pauschalerstattung. Kreisangehörige Kommunen erbringen zwar weniger Dienstleistungen, weil Leistungen teilweise durch den Kreis erbracht werden. Im Gegenzug müssen die Kommunen jedoch durch die Kreisumlage den Kreis mitfinanzieren. Die ermittelten Kosten der kreisfreien Städte sind damit also der richtige Indikator für die Gesamtkosten beider Verwaltungsebenen (Kommune und Kreis), so dass es nicht gerechtfertigt ist, bei der Pauschalierung zwischen kreisfrei und kreisangehörig zu unterscheiden. Im Gegenteil, es entspricht der Lebenserfahrung, dass zwei Verwaltungsebenen deutlich höhere Kosten verursachen als eine Verwaltungsebene, so dass man die Pauschalierung für die kreisangehörigen Kommunen aus diesem Grund sogar höhere Kosten ansetzen müsste, also genau das Gegenteil dessen, was die dem Ausschuss vorgelegte Kostenermittlung suggeriert.

Vollständige Erstattung aller direkten und indirekten Kosten

Vollkommen außer Acht gelassen wird wieder einmal der in diesem Zusammenhang bei den Kommunen entstehende Personal- und Sachaufwand, der sich nicht nur auf die Administration selbst bezieht, sondern auch auf den Unterhaltungsaufwand von Gebäuden und Einrichtungen und die hierfür entstehenden notwendigen Abschreibungen sowie Kosten der Reinigung, Sicherheitsdienste‚ Hausmeister und Beschaffungen von Geräten etc. Allein der Personalaufwand der kreisangehörigen Stadt Düren, um ein dem Unterzeichner bekanntes konkretes Bespiel zu nennen, hat sich im Bereich des Sozialamtes im Zeitraum 2015-2019 verdreifacht. Hinzu kommen außerordentliche Aufwendungen durch Vandalismus, für Leistungen an externe Sicherheitsdienste etc. im bereits vorstehend geschilderten Sinne. Die jährlichen Mehraufwendungen dieser Stadt, bezogen auf die Dienstleistungen an Migranten, liegen für den Zeitraum 2015-Ende 2019 bei deutlich mehr als 15 Mio. €..

Von einer Erstattung solcher Aufwendungen ist bisher nicht die Rede. Sie sollten ebenfalls in der Kalkulation der Kostenpauschale für die Zukunft mit berücksichtigt werden und für die Vergangenheit sollte ein finanzieller Ausgleich gezahlt werden.

Erstattung aller direkten und indirekten Kosten unabhängig vom Aufenthaltsstatus

Bisher wird der Leistungsumfang differenziert nach dem Aufenthaltsstatus. Teilweise erfolgen gar keine Erstattungen und das trotz der oft desolaten Finanzlage mancher Kommunen. Auf diese Weise verlagern Bund und Land Kosten auf die Kommunen, die Bund und Land verursacht haben. Die Kommunen können sich gegen diese Kostenverlagerung eigentlich nur durch eine Verfassungsbeschwerde wehren. Durch diese Praxis wird die Handlungsfähigkeit der Kommunen nachhaltig eingeschränkt und die kommunale Selbstverwaltung durch Entzug von Finanzen nicht unerheblich beschädigt. Die Landesregierung sollte deshalb aufgefordert werden, diesen Zustand durch die gesetzliche Neuregelung zu beenden und die bereits entstandenen Aufwendungen vollständig zu ersetzen.

Die gegenwärtige Fassung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes NRW verstößt aus diesen Gründen sowohl gegen die Landesverfassung als auch gegen die Verfassung der Bundesrepublik. Erfolgt keine vollständige Korrektur der bisherigen Handhabung, steht allen betroffenen Kommunen der Rechtsweg zu beiden Verfassungsgerichten offen.

Ob das Land NRW in der Lage sein wird, die zu leistenden Aufwendungen ganz oder teilweise vom Bundesfiskus erstattet zu bekommen, kann in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen.

Bernd Essler